Anleitung zum Fachgerechten Radwechsel am BMW 1er & 3er
Für den TE und alle anderen, die es interessiert:
Zunächst besorgt man sich eine hochwertige 17er Kraftnuss, eine kurze Verlängerung und einen brauch-
baren Drehmomentschlüssel. Und nein, es geht nicht ohne. Die Dinger aus der Grabbelkiste haben aben-
teuerliche Abweichungen:
http://www.offroadforen.de/vb/showthread…bendem-Resultat
Es gibt noch viel haarsträubendere Berichte über Chinateile. Hab jetzt keine Zeit die auch noch zu suchen.
Zum Lösen festsitzender Schrauben sind die Billigdinger aber gut genug.
Die hier dagegen taugen halbwegs:
http://www.motorradonline.de/rat-und-tat…ichstest/435265
Gedore, Hazet und Stahlwille bieten bereits für um die 100 € was brauchbares an und auch ein Proxxon
tut's hinreichend, wenn man sorgsam mit ihm umgeht, ihn also nach der Arbeit entspannt und nicht zum
Lösen missbraucht.***
Einen Hydraulikwagenheber hat der TE ja bereits. Wenn das ein Billigding mit diesem unsäglichen Stahl-
krallenteller sein sollte, dann man man einen Eishockeypuck zwischen legen, der kostet um 5 €.
Desweiteren braucht man irgendwas passendes zum Sichern gegen Wegrollen, eine Drahtbürste und eine
Tube Keramikpaste, bspw. Pagid Ceratec. Ähnliches gibt es auch von CRC, Berner, Würth, Liqui Moly und
Castrol. Auch dünne Arbeitshandschuhe sind kein Fehler. Maurerhandschuhe sind ungeeignet. Zuletzt einen
Markierstift, bspw. in weiß oder gelb, um damit die Position der Räder auf der Innenseite kenntlich machen
zu können. Ein Luftdruckmesser ist auch kein Fehler, aber der sollte dann auch genau sein. Für 'nen Zwan-
ziger bekommt man schon was ordentliches.
Noch ein Wort zur Position: Fährt man Mischbereifung, dann hat man keine Wahl. Alles bleibt da, wo es im
Vorjahr war. Fährt man rundum das gleiche Format, dann werden jedes Jahr abwechselnd die Räder vorne
und hinten getauscht. Nur so fährt man die reifen gleichmäßig runter, muss später neue Reifen kaufen und
kann dann auch immer den rundum gleichen Typ fahren. Was eindeutig das Beste ist. Auf gar keinen Fall
jedoch ändert man ohne triftigen Grund die Seite - links bleibt links und rechts bleibt rechts.
Dann zum Wechsel selbst:
Ergänzung:
E8x - M12 Gewinde - 120Nm
F2X - M14 Gewinde - 140Nm
- zu montierende Räder auf Schäden inspizieren
- Adapter für diebstahlhemmende Radschrauben parat legen
- ebenso bei Fremdfelgen geeignete Radschrauben (!!!)
- Fzg. auf ebener und glatter (wegen der Rollen des WHs) Fläche abstellen
- bei Tieferlegung dickere Bretter auf den Boden legen und drauf fahren (warum wisst ihr wenn ihr es nicht macht)
- Radschrauben lösen, aber noch nicht herausdrehen
- Fzg. auf der anderen Seite gegen Wegrollen sichern > Keile + Handbremse + Gang einlegen
- mit Wagenheber und geeigneter Zwischenlage (Puck) an vorgesehener Stelle (BDA) anheben
- idealerweise heben beide Räder einer Seite ab, das ist mit Nachrüstfahrwerken leichter****
- Rad abnehmen, Position markieren (VL, HR 2014 etc.)
- Radnabe und Zentrierung mit Drahtbürste säubern (blank)
- Zentrierung (und nur die) dünn (!!) mit Keramikpaste bestreichen (niemals Kupferpaste)
- auch die Zentrierung der Felge säubern (hier reicht ein Lappen)
- Räder sauber ansetzen, Radschrauben von Hand eindrehen (ggf. Nuss + Verlängerung als Eindrehhilfe)
- dann über Kreuz mit normaler 1/2-Ratsche oder mit DMS mit maximal 50 Nm anziehen
- wenn das an beiden Rädern passiert ist > ablassen, dann (wieder über Kreuz) mit 120 Nm anziehen
- dito auf der anderen Seite
- ggf. Räder und Reifen vor dem Einlagern säubern und auf Schäden untersuchen
- nach rund 100 km das Anzugsmoment prüfen
That's it. Jedenfalls soweit ich nichts vergessen habe.
Wenn die Radschrauben schwergängig sind, dann gehören sie entweder ersetzt oder man entrostet
und säubert sie alle mit der Drahtbürste. Ja, das ist Fummelarbeit. Aber auf gar keinen Fall versucht
man den Rost mit Schmierstoffen zu kompensieren. Das ist Pfusch. Radbolzen werden nicht geölt und
nicht gefettet, s.o. und den Link unten.
Warum sollte man nach 50 bis 150 km das Anzugsmoment prüfen, wenn sich doch in aller Regel nichts
mehr tut? Weil wir alle Menschen sind. Und Menschen machen bekanntlich auch mal Fehler.
Das Nachziehen nach rund 100 km hat einen ganz simplen Zweck. Dabei fällt nämlich ggf. folgendes auf:
- ein (vorher) versehentlich unzureichendes Anzugsmoment
- eine einzelne vergessene Radschraube
Wer jetzt behaupten wollte, dass das niemals vorkommt, der ist ein Träumer.
Denn sein wir mal ehrlich, einen absolut fehlerfreien Mechaniker gibt es nicht und einen absolut fehler-
freien Heimwerker ebenfalls nicht. Da ist es doch nicht verkehrt einen zusätzlichen Sicherheitsmecha-
nismus zu schaffen. Zweimal den Schlüssel ansetzen ist nunmal statistisch eindeutig sicherer als einmal.
Ich hoffe, das ist soweit vollständig und hilft dem Einen oder Andren ein wenig weiter.
* elektrisch leitfähig, daher nicht kompatibel mit DSC-Sensorik; Unverträglichkeit mit Leichtmetallen
> elektrochemische Spannungsreihe
** http://www.tuev-sued.de/uploads/images/1…/09_beyer_d.pdf
*** Eine Ausnahme bilden lediglich DMS mit Arretierfunktion, die explizit vom Hersteller zum Lösen von
Verschraubungen gedacht sind. Mein alter DMS ist so einer, den nehme ich dafür. Und den Neueren
dann zum Anziehen.
**** Praktisch sämtliche Gewindefahrwerke und die meisten Sportfahrwerke (B12/B8-Dämpfer) besitzen
verkürzte Ausfederwege, die Dämpfer weisen also einen kürzeren Aushub auf.
Diese Anleitung wurde uns von dem User the bruce aus dem E90-Forum.de zur Verfügung gestellt.
Bildquelle: Autobild.de